Maní – Franziskanerkloster San Miguel Arcángel
Convento de San Miguel Arcángel in Maní
Der Franziskanerkomplex von Maní zählt zu den wichtigsten frühkolonialen Anlagen der Halbinsel Yucatán.

- Baubeginn war 1549 (Haupträume waren wenige Jahrzehnte später fertig)
- spätere Umbauten folgten im 17. und 18. Jahrhundert
Architektonisch prägen ihn ein riesiger Atriumhof, eine in die Schaufassade integrierte capilla abierta (Offene Kapelle), die einschiffige Kirche mit Doppelespadañas (Zwillings-Glockengiebeln) sowie ein zweigeschossiger Kreuzgang mit Garten und Noria (Ziehbrunnen)

Geschichte
Gründung & Bauphasen. Der Konvent wurde in der Frühphase der Franziskaner-Mission in Yucatán gegründet (Baubeginn 1549). Gegen Ende der 1580er Jahre sind die wesentlichen Bauteile belegt; Erweiterungen am Kirchenschiff und der heutigen Fassade erfolgten im 18. Jahrhundert. Als Bauleiter wird häufig Fray Juan de Mérida genannt.
Ort der “Auto de fe” von 1562. Am 12. Juli 1562 ließ der Franziskaner Diego de Landa in Maní eine berüchtigte auto de fe durchführen: zahlreiche rituelle Objekte und mehrere der seltenen Maya-Codices wurden verbrannt; viele Maya wurden bestraft. Dieses Ereignis prägt die Erinnerungskultur des Orts bis heute.

Seelsorgebezirk um 1582. Der Konvent betreute nach Quellenlage elf Orte mit zusammen 7 591 Einwohnern – ein Hinweis auf die regionale Bedeutung des Hauses.

Architektur & Kunst
Städtebauliche Setzung. Der quadratische Atriumhof misst rund 7 000 m² und liegt erhöht über Straßenniveau; Forschung deutet auf eine nivellierte vorspanische Plattform (mul) unter dem Komplex hin.

Fassade & offene Kapelle. Charakteristisch ist die breite Stirnseite: eine monumentale capilla abierta an der linken Seite des Portikus, die in die Fassade übergeht, sowie zwei dreibogige Espadañas flankieren das Hauptportal – eine für die Region typische Lösung der Mendikantenarchitektur.
Innenraum. Die einschiffige Kirche bewahrt mehrere Retabel des 17. Jh.; hinter dem Hauptaltar sind Reste von Wandmalerei erkennbar. Lokale Führungen erschließen zusätzlich Kreuzgang, Garten und Noria.
Retabel-Typen. Neben dem restaurierten Hauptretabel finden sich Seitenaltäre, deren Stützen als anthropomorphe “Karyatiden” gestaltet sind – ein in Yucatán belegter Kolateraltyp der Kolonialzeit. Ein Seitenaltar zeigt die regional verehrte “Virgen del Lunar”.
Freikreuz & Spolien. Außerhalb des Atriums steht ein Steinkreuz des 16. Jh.; im Hof liegen bearbeitete Steine aus der vorgespanischen Bebauung.

Der Ort Maní
- Lage & Route. Maní liegt ca. 90 km südöstlich von Mérida und gehört zur Ruta de los Conventos (u. a. mit Teabo, Mama, Ticul). Oxkutzcab ist rund 11 km entfernt.
- Historische Trägerschicht. Maní war Zentrum des Maya-Adelsgeschlechts der Tutul Xiu, das in der Spätklassik/Frühkolonialzeit über Uxmal–Maní–Mayapán herrschte und früh mit den Spaniern kooperierte.
- Der Ortsname Maní wird gedeutet als Ort, wo alles geschah/schon geschehen – heute trägt Maní den Titel Pueblo Mágico.
- Lebendige Traditionen. In und um Maní existieren zahlreiche Meliponarios (stachellose Honigbiene Melipona beecheii), deren Honig kulturell und medizinisch geschätzt wird. Kulinarisch ist Maní weit über Yucatán für Poc Chuc bekannt.

Interessantes zum Kloster
Die Kirche ist (außer während der Gottesdienste) meist frei zugänglich; es gibt kommunale Führungen durch Kirche, Kreuzgang, Garten/Noria und Konventbereiche. Mittägliche Schließzeiten sind möglich.
Das Franziskanerkloster San Miguel Arcángel in Maní ist ein bedeutendes Zeugnis der franziskanischen Baukunst in Yucatán.
Das Franziskanerkloster San Miguel Arcángel in Maní hatte im 16. Jh. eine escuela de indios (Doctrina-Schule) als festen Teil des Konvents.
Die Schule war seitlich mit der Kirche verbunden; hier lehrten die Franziskaner (u. a. Fray Juan de Herrera) Gesang, christliche Lehre sowie lateinische und spanische Schriftzeichen. Die Söhne der Maya-Elite wurden teils interniert und zu Katecheten (ah cambezah) oder Schreibern (ah tsib) ausgebildet.
Die Indio-Schule in Maní wurde früh im 17. Jh. wieder geschlossen (Eliten verlagerten sich nach Oxkutzcab).
Auto de Fe von Maní (Yucatán), 12. Juli 1562
Im Hauptplatz beim Franziskanerkonvent San Miguel Arcángel in Maní führten die Franziskaner unter Provinzial Diego de Landa ein großes monastisches Auto de fe (Vollstreckung Urteile + Verbrennung auf dem Scheiterhaufen durch Spanischen Inquisition) durch. Für den Akt wurden hölzerne Tablados (Bühnen) errichtet – eine für Richter/Ordensleute, eine für die Angeklagten – sowie ein Scheiterhaufen in Konventsnähe, dessen Brandgrube archäologisch nachweisbar ist. Der Ablauf umfasste Prozession, Predigt, Verlesung der Urteile, Abjurationen und Vollstreckung der Strafen. Öffentlich vorgeführt wurden über 200 Maya-Pönitenten (oben entblößt, mit coroza, Stricken am Hals und Kerzen in der Hand); zusätzlich präsentierte man mehr als 64 Effigien verstorbener „Idolatrie“-Beschuldigter. Vernichtet wurden über 100 000 Götterbilder („Idole“) sowie hieroglyphische Kodizes, was einen massiven Verlust an Maya-Kulturgut bedeutete. Das Ereignis gilt als eines der wichtigsten und als das letzte große monastische Auto de fe in Maní; ihm gingen Ermittlungen wegen „Idolatrie“ voraus, ausgelöst u. a. durch Funde von Kultobjekten in einer nahegelegenen Höhle.
Quellen und Literatur
María de Guadalupe Suárez Castro (2014): El convento de Maní, Yucatán, en 1588. boletín de monumentos históricos | tercera época, núm. 31, mayo-agosto 2014 pp. 78-92 – PDF
Fray Diego de Landa (etwa 1566): Relación de las cosas de Yucatán – PDF
Antonio Rodríguez Alcalá, John F. Chuchiak IV, Zoraida Raimúndez Ares, Maria Felicia Rega, Luis Díaz de León, Hans B. Erickson (2024): The use of virtualization for the recreation of historical events: The case of the 1562 Auto de Fe of Maní (Yucatan). ACTA IMEKO ISSN: 2221-870X. June 2024, Volume 13, Number 2, 1 – 12 – PDF